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AR, VR und die Zukunft der Musik Miro Shot aus London erläutert, wie das Bandkollektiv C4D und andere Tools einsetzt, um eine neue Art von Musik zu erschaffen.

Miro Shot ist ein kreatives Kollektiv aus Musikern, Künstlern, Designern, Entwicklern und Filmemachern, das mit einer einzigartigen Mischung aus Live-Performance, virtueller Realität und sensorischer Immersion für eine ganz neue Konzerterfahrung sorgt. Roman Rappak, der Frontmann der Band, ist nicht nur Musiker, sondern verfügt darüber hinaus über einen Hintergrund aus den Bereichen Film, Animation und Sounddesign, sodass er seine Musik mit einem fein abgestimmten Sinn für visuelles Drama zum Ausdruck bringen kann.

Miro Shot lässt sich von kreativer Zusammenarbeit und vom Storytelling inspirieren und verwendet Cinema 4D, um die Erzählungen des Kollektivs zu erschaffen, darunter auch Kunstwerke für sein Debütalbum CONTENT und das begleitende VR-Livekonzert, das auf allen drei der diesjährigen (mittlerweile abgesagten) „SXSW Music, Film and Interactive Festivals“ Prämiere gefeiert hätte.

Schau Dir hier das Video zu Half of Us an.

Rappaks Reise zu Miro Shot begann im künstlerischen Multimedia-Kollektiv BretonLABS, in dem er mit Motion Graphics für Musikvideos experimentierte und Regie bei Musikvideos anderer Künstler führte, unter anderem für Sinead O’Connor und Charlotte OC. Als sich Breton auflöste, suchte Rappak nach der nächsten Herausforderung: „Damals erlernte ich gerade den Umgang mit Cinema 4D. Die Welten der Technik, Videospiele und Motion Graphics fand ich vielversprechend und interessant“, erinnert er sich. „Ich wollte da sein, wo Künstler, Designer, Entwickler, Technologen und Spieleentwickler zusammenarbeiteten.“

Überrascht darüber, wie bereitwillig die Gemeinschaft ihr Wissen mit anderen teilte, begann Rappak, mit der Spieleentwicklung zu experimentieren, und war vom kreativen und transformativen Potenzial von Videospielen und VR fasziniert. Er weiß noch, dass er sich die kreative Zusammenarbeit als neue Kunstform vorstellte und Musik mit einer positiven Aussage über all die spannenden Dinge, die passierten, kombinieren wollte. „Ein wenig idealistisch dachte ich, wir sollten mithilfe all dieser neuen Technologien eine Band gründen, wie sie die Welt noch nie zuvor gesehen hat“, so Rappak. „Und dazu sollten wir möglichst viele Leute einladen.“

Zwei Jahre später, 2017, veranstaltete das Miro Shot-Kollektiv sein allererstes AR-Konzert. Mit dieser Geheimshow, für die nicht geworben wurde, erhielt die Band die Möglichkeit, ihre neue Art von VR/MR-Konzert und -App (Virtual Reality in einer Mixed-Reality-Erfahrung) zu entwickeln. Heute umfasst das Kollektiv mehr als 450 Mitglieder, die je nach ihren kreativen Talenten und Interessen zur Erfahrung beitragen.

Schau Dir hier das Konzertvideo von Miro Shot an.

Experimentelle AR-Livekonzerte stehen im Zentrum des Konzepts von Miro Shot. Die erste Tour durch kleine Kunsthallen in Europa war äußerst erfolgreich. Motiviert von diesem Erfolg begab sich die Band ins Studio, um ihr erstes Album aufzunehmen, das speziell bei immersiven VR-Erfahrungen aufgeführt werden sollte. Wenn Rappak über dieses Konzept spricht, ist er sich bewusst, dass die Technologie zwar faszinierend und motivierend ist, sie aber auch große Gefahren birgt.

Auf der kürzlich veröffentlichten Miro Shot-Single „Half of Us“ geht es genau darum: Diese Technologie muss verstanden und benutzt werden, damit sie dich nicht benutzt. Rappak denkt trotzdem, dass wir die Möglichkeit haben, die Technologie zu beherrschen und positive Inhaltserfahrungen zu erschaffen. „Es ist faszinierend, dass uns die VR-Technologie Erfahrungen so ermöglicht, wie sie eigentlich erlebt werden sollten“, erläutert er und fügt hinzu: „Auch wenn die Technologie noch in den Kinderschuhen steckt, wirkt sie auf uns Menschen bereits natürlich, intuitiv und harmonisch.“

Das Artwork für das Miro Shot-Album CONTENT wurde von Mitgliedern des Kollektivs mithilfe verschiedener Tools gestaltet, darunter C4D.

Im Endeffekt definiert sich Miro Shot über eine Kombination aus Technologie und kreativer Zusammenarbeit. Dabei kommen Cinema 4D und die Unity Game-Engine als Haupttools für die Erschaffung verblüffender Shows zum Einsatz, die synthetische AR-Konzertmusik und Sounddesign, haptisches Feedback, variierende Temperaturen, spezielle Gerüche, Live-VR, kinoreife Landschaften und interaktive Szenen umfassen. Das Musikvideo zu „Half of Us“ demonstriert exakt diesen mehrschichtigen Stil, der durch die Kombination bearbeiteter Aufnahmen entsteht, in denen grafische Ebenen mit Texturen und Animationen sowie einer kuratierten Gegenüberstellung der besten und schlechtesten Inhalte aus sozialen Medien verschmolzen werden.

Um zu erläutern, wie das Miro Shot-Kollektiv die Arbeit angeht, produzierte Rappak ein Making-of des Videos zu „Half of Us“. Die Aufnahmen dazu dauerten drei Tage, gefolgt von einer zweiwöchigen Nachbearbeitungsphase. Das Video präsentiert mehr als 5.000 Bilder von über 20 Künstlern aus aller Welt, die jeweils an verschiedenen Teilen arbeiteten. Grafik-Designer, 3D-Artists, Fotografen, Illustratoren und Motion-Designer erhielten einzelne Frames zusammen mit den entsprechenden Textpassagen sowie die kreative Freiheit, diese nach ihren Vorstellungen zu überarbeiten. Alles wurde kuratiert, um einen einheitlichen Look zu erschaffen. Außerdem wurde Motion-Tracking eingesetzt, um die realen und virtuellen Welten miteinander zu verschmelzen.

Ein Plakat für eine Miro Shot-Performance in Oslo.

Für Rappak war der gesamte Prozess unglaublich spannend. Er ist der Meinung, dass das vollendete Kunstwerk den derzeitigen kulturellen und kollaborativen Status der Gesellschaft in einer auf Crowd-Sourcing ausgerichteten Art und Weise darstellt. Alle erschaffenen Komponenten spielen in der VR-Gesamterfahrung eine Rolle, und alle beitragenden Mitglieder werden genannt. Das langfristige Ziel ist die Veranstaltung eines großen Events. Mit 60 Personen pro Gruppe wäre SXSW das bisher größte dieser Art.

Die Band kann sich eines Tages auch eine virtuelle Erfahrung vorstellen, an der jeder als Avatar teilnehmen kann. „Das interessanteste an CGI ist die grenzenlose Möglichkeit für eigene Experimente, was mich schon immer fasziniert hat“, so Rappak.


Fotos von MR Walsh, Mitglied des Miro Shot-Kollektivs, Grafiken von Miro Shot und dem Miro Shot-Kollektiv.
Showplakat von Alex Ford und dem Miro Shot-Kollektiv.


Author

Helena Corvin-SwahnFreiberufliche Autorin – Vereinigtes Königreich