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Talos Swordfish Artists sprechen über ihren post-apokalyptischen Kurzfilm Talos.

Das Motion Design Studio Swordfish aus San Francisco, mit einem erlauchten Kundenstamm im Silicon Valley, ist eigentlich auf UX-Design und Marketing spezialisiert. Ihr kürzlich veröffentlichter animierter Kurzfilm Talos unterscheidet sich allerdings deutlich von dem, was sie üblicherweise tun. Der mit ihrem Standard-Toolset aus Cinema 4D, Houdini, Substance, Redshift and Octane realisierte Film ist ihr erstes Projekt ohne Kundenauftrag.

„Wir sind normalerweise so mit bezahlten Jobs beschäftigt, dass wir nie die Zeit für persönliche Projekte finden“, erklärt Matt Silverman, Gründer und Kreativdirektor des Studios. Letztes Jahr stellten sie jedoch fest, dass sie während eines großen Projekts immer wieder Zeiten hatten, wo die Artists auf Material warten mussten. „Wir dachten uns, dass es vielleicht sinnvoller wäre, unseren eigenen kleinen Film anzufangen, statt die freie Zeit mit Tutorials und auf Facebook zu vertrödeln.“

Swordfish wird Talos am 18. Juni auf der Maxon Motion & Design Show im Stream präsentieren, wo Anthony Abbot, einer der langjährigen Kreativen des Studios, verschiedene Szenen aus dem Film aufschlüsseln und den Arbeitsablauf des Studios von der Konzeption bis zum fertigen Film erläutern wird.

Der Film wurde im letzten Herbst in Zusammenarbeit mit Maxon auf den Weg gebracht, als einige der Swordfish-Artists anfingen, in Leerlaufzeiten an Szenen für einen Kurzfilm im Stil eines Film- oder Serientrailers zu arbeiten. Silverman hatte die Idee, dass das Team Texte, narrative Titel oder vielleicht sogar Gedichte schreiben könnte, durch die die Bilder eine Geschichte erzählen. Er leitete das Projekt einige Monate lang selbst, bevor er Swordfish-Produzentin Danielle Karstetter bat, das Projekt zu übernehmen. Senior Creative Daniel Clark, ehemals Houdini-Artist bei Pixar und Gewinner des Student Academy Award für seinen 2014 entstandenen Kurzfilm Owned, wurde als Regisseur verpflichtet.

Es war Clark, der die Idee für den Titel des Films hatte, in Anlehnung an Talos, den Bronzeriesen, der in der griechischen Mythologie die Bucht von Alexandria bewachte. Der Film präsentiert Talos als eine KI-gesteuerte Erscheinung, die nach dem klassischen Giganten benannt ist. Unter dieser Prämisse erstellte Clark Moodboards und Leitfäden für die Formensprache, um die Artists zu inspirieren und ihre Ideen miteinander in Einklang zu halten. Im Januar und Februar dieses Jahres stießen weitere Artists dazu, die von Clark nur mit lockerer Hand angeleitet wurden, um ihnen ein hohes Maß an kreativer Freiheit zu gewähren.

Der Film beginnt mit einer Totalen mit sanften Hügeln und einem stürmischen Himmel, unter dem eine gewaltige Kuppel die Landschaft beherrscht. Abbott war der Meinung, dass diese „Megastruktur“ dem Team die Möglichkeit bot, komplexe Texturierungsverfahren zu entwickeln. „Ich wollte komplexe Strukturen und Displacement erzeugen, ohne modellieren zu müssen“, sagt er und erklärt, dass die Kuppel eigentlich nichts anderes als eine Standard-Sphere aus Cinema 4D ist. Die komplexe Oberfläche wird durch ausgeklügelte Displacement-Techniken erreicht. Die Basisstruktur besteht aus einem herkömmlichen Polygonmodell, bei dessen Erstellung verschiedene Cinema 4D-Tools zum Einsatz kamen, darunter auch Symmetrie.

Abbott nutzte Otoy’s Octane Render um die Kuppel zu texturieren und kombinierte in Photoshop verschiedene Height-Maps von JS Placement, um das Displacement zu steuern. Die Basisstruktur unter der Kuppel wurde in Substance texturiert. Die Ergebnisse aus der frühen Entwicklungsphase gefielen ihm so gut, dass er sie direkt mit Octane rausrenderte. Die übrigen Teile des Projekts wurden in Cinema 4D mit Redshift gerendert. Abbott setzte auf die Tools aus Red Giants Magic Bullet Looks, um einen filmischen Look zu erzeugen, darunter Chromatic Aberration, Lens Warping, Grain und Diffusion.

„Ich lege normalerweise jedes Element und jeden Effekt aus Magic Bullet Looks in einen eigenen Layer und justiere dann dort“, sagt er. „Das funktioniert insbesondere bei groß angelegten Produktionen sehr gut, weil man die Effekte kopieren, in andere Shots einfügen und bei Bedarf anpassen kann, ohne dass auf einer Ebene ein Mischmasch aus Effekten entsteht. Particular, Horizon, Form und Mojo waren Bestandteil des visuellen Rezepts.

Die visuelle Botschaft des Films rückt in den Mittelpunkt, sobald wir die Megastruktur betreten, die Artist Dean Foster mit biomechanischen Strukturen ausgearbeitet hat. Als Nahaufnahme auf molekularer Ebene konzipiert, sollte die Einstellung eine „glibberige, außerirdisch anmutende Mischung aus Biologie und Technologie“ zeigen, erklärt er. Eine glasartige Helix breitet sich aus und suggeriert DNA-Stränge. Foster sagt dazu: „Ich wollte, dass sich Energie und Licht über die Oberfläche bewegen, als würde es sich selbst kodieren oder in einer Art Kreationsmodus aufglühen.“

An einem Punkt streckt sich eine Hand unheimlich aus einer Art wirbelnder, chaotischer Spirale heraus. Foster riggte dafür ein von Abbott erstelltes Handobjekt und animierte es anschließend manuell, um die beabsichtigte Bewegung zu erzielen. Er gibt zu, dass er das gläserne Geflecht heute viel ätherischer, energetischer und weniger starr gestalten würde, falls er es noch einmal machen müsste. Er nutzte Explosia, den VDB-Generator von X-Particles, um den weichen, rauchigen Effekt zu erzielen, der über allem liegt und eine Art Schöpfung oder Geburt suggerieren soll.Die gespenstische Schlussaufnahme von Talos zeigt einen biomechanischen Wächter, dessen Schultern sich beim tiefen Atmen heben und der die Megastruktur zu bewachen scheint. Um Zeit zu sparen, kaufte Swordfish für diesen Character ein 3D-Modell auf TurboSquid und animierte es mitMocap-Daten von Mixamo.

Der kreative Prozess lief im Schnitt zusammen, nachdem die meisten Shots fertiggestellt waren, wo Kathryn Bodle Kelly, Executive Producer bei Swordfish, begann, die einzelnen Szenen zu einer Geschichte zusammenzusetzen. Clark erinnert sich: „Wir sagten: 'Hier haben wir einen Sack mit Szenen, die konzeptionell und künstlerisch in der gleichen Welt angesiedelt sind. Was machen wir jetzt damit?“ Kelly entwickelte daraus eine surreale Storyline, die sich zwischen der postapokalyptischen Szenerie und der Hintergrundgeschichte dessen, was mit den Menschen geschehen war, bewegt. Die Geschichte endet damit, dass es da draußen jetzt ein Wesen gibt, das vorher nicht da war.

Für Farbkorrektur und Sounddesign löste Swordfish diverse Gefallen von ihren Freelancern ein. Kolorist Will Smith sorgte mit DaVinci Resolve für eine einheitliche Anmutung, indem er die Renderings aus Redshift und Octane farblich aneinander anpasste. Sounddesigner Conner Jones komponierte eine dynamische Soundkulisse und Effekte, die die Wirkung der 3D-Shots unterstreichen und ergänzen. Die letzte große Hürde war die Fertigstellung der CG-Nachbearbeitung und des Schnitts, da das Studio aufgrund der Coronavirus-Pandemie gezwungen war remote zu arbeiten. " Es lief jedoch besser, als wir es uns vorgestellt hatten, und wir konnten das endgültige Sounddesign und die Farbkorrektur Ende April fertig zu stellen", sagt Karstetter.

Das Team ist mit dem Ergebnis des Projekts letztlich sehr zufrieden. Auch deshalb, weil es Swordfishs Gespür für das Unkonventionelle und Experimentelle unter Beweis stellt. Und noch wichtiger, so Silverman, war Talos eine Übung, die den Artists die einmalige Chance eröffnet hat, ihr allerbestes zu geben. „Jeder hatte die Freiheit die Tools und Techniken auszuprobieren, mit denen er schon immer mal herumexperimentieren wollte und erst hinterher haben wir uns die Frage gestellt‚ was wir jetzt aus dem Material machen und wie wir es in eine Reihenfolge bringen, die eine sinnvolle Geschichte erzählt. Hätten wir ein Skript und Styleframes ausgeteilt, dann hätten sie einfach nur das gemacht was sie ohnehin jeden Tag tun. So wie wir es angegangen sind, wurde daraus jedoch eine komplett freie künstlerische Erfahrung.“


Author

Bryant FrazerAutor/Redakteur – Colorado