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Flutwellen, Fische und ein geflutetes Tal Österreichische Satire ist oft ätzend und übertrieben. Bad Fucking treibt es da auf die Spitze und in der Verfilmung half Cinema 4D beim Erstellen der Effekte.

Es ist eine Tatsache, dass Worte, die in der einen Sprache dies bedeuten, in der anderen jenes meinen können. Da kommt es auch schon mal vor, dass so ein doppeldeutiger Multi-Language-Term in der Ursprache etwas höchst Angesehenes darstellt, in der anderen, seiner Zweitbedeutung sozusagen, etwas sehr Anrüchiges beschreibt. Der österreichische Autor Kurt Palm hat sich des Umstandes bedient, dass es in Österreich einen Ort Namens Fucking gibt, diesen zum Bad erhoben und in die Alpen verlegt. Dann wurde eine hanebüchene Krimihandlung darum ersonnen, die satirisch das österreichische Wesen auf die Schippe nimmt, und fertig war die brachial-bissige Voralpensatire.

Das Buch war ein voller Erfolg und bald war eine Verfilmung des Stoffes beschlossene Sache. Der erfahrene Regisseur Harald Sicheritz, der sowohl fürs Kino als auch für das Fernsehen gearbeitet hat, sollte sich des Stoffes annehmen. Da es in der Geschichte eine Reihe von ziemlich spektakulären Szenen gab, die sich als Realfilm nie hätten realisieren lassen, wurden auch die Wiener Spezialisten für Computergrafik und Animation, Cybertime, hinzugezogen.

Der Touristenort Bad Fucking ist über eine Straße zu erreichen, die am Grund eines engen Tales entlangführt. Gleich zu Beginn des Filmes wird dieses Tal durch eine gewaltige Gerölllawine verschüttet, wodurch die Straße unpassierbar wird. In der Einstellung wälzt sich die Mure aus Felsen, Schlamm und Geröll durch das Tal und zerquetscht auf dem Weg ein Auto. Um diese Szene zu realisieren, setzte das Cybertime-Team Cinema 4D ein. „Besonders wichtig war es, den Weg der Lawine und der Geröllmassen zu steuern", sagt Günther Nikodim, der als VFX Artist und Supervisor federführend an der Produktion beteiligt war. „Dabei haben sich die Follow-Position-Parameter der Dynamics als äußerst hilfreich erwiesen. Damit konnten wir durch simple Keyframe-Animation relativ genau bestimmten, wohin sich die Lawine bewegt, die Bewegung der einzelnen Elemente wurde durch Dynamics übernommen.“

Die Simulation wurde dann gebacken und so in Keyframes umgewandelt. Die Keyframes schließlich reduziert und mittels Alembic nach Realflow 2013 exportiert. Dort fungierten die großen Felsen als Collider-Objekte für eine Fluidsimulation. Die in Realflow generierten Meshes, die bis zu 25 Millionen Polygone ausmachten, wurden dann in Cinema 4D gemeinsam mit den Felsen, Steinen, Ästen etc. mit dem Physical Renderer gerendert. Das finale Compositing fand in Nuke statt.

Und im Film bleibt es spektakulär: Im weiteren Verlauf gibt es eine Szene, in der ein Polizist von einer meterhohen Flutwelle, in der sich zudem noch Hunderte von Aalen tummeln, überspült und weggerissen wird. Die Aale wurden komplett in Cinema 4D modelliert, wobei auch die Sculpting-Tools zum Einsatz kamen. Dann wurde aus Deformern ein einfaches Rig erstellt und die Aale mit MoGraph auf ca. 3000 Stück vervielfältigt. Die Simulation des Wassers fand wieder in Realflow mittels Hybrido2 statt und kam dann als gebackenes Mesh in Cinema 4D zum Einsatz. „Beim Shading des Wassers haben wir zuerst mit Transparenz und Absorption experimentiert – was aber in enorme Renderzeiten resultierte“, sagt Günter Nikodim. „Schließlich haben wir auf Transparenz komplett verzichtet und stattdessen Subsurface Scattering mit einer hohen Path Length verwendet. Mit der Methode konnten wir das schmutzige Wasser überraschend schnell und optisch ansprechend realisieren“. Zusätzlich wurden noch Reflections als Multi-Pass separat berechnet und in Nuke mit dem SSS-Shading kombiniert. In Realflow wurden außerdem Splash&Foam-Partikel generiert, die dann in Cinema 4D gerendert wurden.

Aus der Flutwelle ergibt sich schließlich die Schlusssequenz, in der das gesamte überflutete Tal von Bad Fucking zu sehen ist. Hier wurde das gedrehte Material exzessiv nachbearbeitet: Berge wurden herausretuschiert, der leicht bewölkte Himmel durch dunkle Gewitterwolken ersetzt. Mittels Farbkorrektur wurde der Szene noch eine unheimliche, bedrückende Stimmung verliehen. Dies passierte größtenteils in Nuke und Photoshop. Das so bearbeitete Material wurde dann in Cinema 4D mittels Camera Projection auf grobe Geometrie projiziert, so dass auch behutsame Kamerabewegungen realisiert werden konnten, die den dreidimensionalen Eindruck der Szenen verstärkten.

In Cinema 4D wurde dann eine CG-Wasseroberfläche erstellt, eine einfache Ebene mit Bump und einem stark spiegelndem Material. Die besondere Herausforderung bei diesem Shot war, einen separat in einem See schwimmenden und dort gedrehten Schauspieler nahtlos in die CG-Wasserfläche zu integrieren. Die Wellen, die der Schwimmer im Wasser des real gefilmten Materials verursachte, gingen über den Bildrand hinaus und mussten somit digital ergänzt werden. Hier erwies sich der Formel-Deformer als schnelle und gut steuerbare Lösung.

Diese Hauptszenen und allerlei kleinere Korrekturen und Ergänzungen des Filmes wickelte Cybertime mit drei Artists in einer Produktionszeit von fünf Monaten ab. Insgesamt wurden etwa sieben Minuten CGI-Einstellungen erstellt und gerendert und ermöglichen dem Film so die Darstellung der an vielen Stellen satirisch überzeichneten Ereignisse der Handlung. Über die kann man geteilter Meinung sein, denn bekanntlich fordert Satire die kontroverse Auseinandersetzung mit ihren Inhalten ja heraus. Über die Qualität der CGI-Effekte hingegen lässt sich nicht streiten, die sind Erstklassig geworden!