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Mehr als Worte sagen können Mit 3D als Medium sucht ein finnischer Cinema 4D-Artist nach neuen Wegen, um Geschichten zu erzählen.

Der finnische Artist Henrik Gullmets hat Film studiert. Doch schon bevor er 2016 seinen Abschluss machte, fing er an, mit 3D zu experimentieren, sich für alternative Realitäten zu interessieren und Umgebungen zu schaffen, die mehr mit Science-Fiction als mit der echten Welt zu tun hatten. Seine Abschlussarbeit ist ein interaktiver Film, der ausschließlich in einem in 3D nachgebauten Apartment in Helsinki spielt. Er schoss dafür tonnenweise Fotos und nutzte sie, um ein überlebensgroßes Puppenhaus zu modellieren, das es dem Zuschauer ermöglicht zu betrachten, was die Leute darin tun. „Das war das erste Mal, dass ich mich wirklich intensiv mit Cinema 4D auseinandergesetzt habe. Ich habe mich einfach in meinem Zimmer eingeschlossen und das Ding durchgezogen“, erinnert er sich.

Heute leitet Gullmets seine eigene 3D-Produktionsfirma RYMDFISK und experimentiert gleichzeitig am MeMo, dem Forschungsinstitut für Modellierung und Messung für bebaute Flächen der Aalto Universität. Als 3D-Artist ist Gullmets mit seiner Teilzeitrolle am Institut einzigartig, denn die meisten seiner Kollegen sind Forscher und Wissenschaftler aus den Bereichen Geo-Informatik und Bauingenieurwesen, die 3D-Messtechniken wie Photogrammmetrie und Laser-Scanning für ihre Forschung nutzen.

Unterstützt vom MeMo nutzt Gullmets dreidimensionale Rekonstruktionstechniken, um künstlerische 3D-Konzepte zu entwickeln – darunter eine aufwendige Augmented-Reality-Ausstellung, die die fiktive Zukunft von Närpes darstellt, einer kleinen ländlichen Stadt an der Westküste Finnlands. (Lesen Sie Gullmets Making-of-Blogbeitrag hier).

„Der Schwerpunkt des MeMo liegt auf der praktischen Anwendung, und ich hatte Bedenken, dass sie meine Arbeit für überflüssig halten würden“, erklärt er. „Aber sie sehen das Potenzial, die Modelle sowohl für künstlerische Zwecke als auch für die Forschung zu nutzen. Aktuell kann wahrscheinlich nur ich mir ausmalen, wo meine Arbeit hinführt. Ich denke, sie betrachten das, was ich tue, auch als Herausforderung, sich mit alternativen Lösungen für die 3D-Messtechnik zu beschäftigen.“

Für Gullmets ist 3D das perfekte Tool, um Geschichten zu erzählen. Seine jüngste abstrakte Arbeit, Weight of the World, entstand ebenfalls in Zusammenarbeit mit MeMo. Das interaktive 3D-Modell wurde mit Cinema 4D und Sketchfab erstellt und zeigt das surreale Bild einer Frau, die mit ihrem Hund unterwegs ist, als sie plötzlich schwerelos wird. Beim Navigieren durch die Szene sieht der Betrachter die Frau schweben, einen Arm über dem Kopf, ihre Wintermütze und ein Stiefel treiben im Raum. Wenn man in der Szene herumschwenkt, entdeckt man auch ihren kleinen weißen Hund in seinem Geschirr und Mantel, der völlig perplex dreinschaut.

Man weiß nicht, was die Schwerkraft aufgehoben hat, aber wenn man den verstreuten Inhalt des Rucksacks genauer betrachtet, sind darunter Notizen, die die Frau darüber gemacht hat, wie sie sich manchmal vorstellt, schwerelos zu sein. Wie jeder von uns sagt auch Gullmets: „Wir haben alle unsere Probleme. Ich bin zum Beispiel eigentlich permanent total gestresst, die Szene ist eine abstrakte Visualisierung des Gefühls, das entsteht, wenn plötzlich aller Stress von dir abfällt, wenn alle Last, die dich im Leben niederdrückt, von deinen Schultern genommen wird.“

Gullmets setzt bei seinen Projekten hauptsächlich Cinema 4D ein, schätzt Sketchfab jedoch wegen der Leichtigkeit, mit der man seine Artworks interaktiv teilen kann – anders, als das bei VR und AR der Fall ist. In vielerlei Hinsicht, sagt er, verhalten sich seine 3D-Geschichten ähnlich wie Videospiele. „Viele Videospiele erzählen unglaubliche Geschichten und haben wirklich interessante Möglichkeiten, um diese Geschichten voranzubringen“, erklärt er. „Ich würde nicht sagen, dass Weight of the World wie ein Spiel ist, aber es ist interaktiv, und ich bin davon überzeugt, dass es schon bald möglich sein wird, 3D-Projekte mit dieser Art von Interaktivität zu produzieren, die dann direkt in die Instagram- und Facebook-Feeds eingebunden werden. Diese Vorstellung fasziniert mich sehr.“


Author

Meleah MaynardFreie Autorin/Redakteurin – Minneapolis, Minnesota