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ADC 2019 – es geht um die Idee! Mark Gmehling erklärt, wie er mit Skizzen und Cinema 4D die Kampagne für das ADC Festival 2019 gestaltet hat.

Künstler sind sich oft nicht einig, ob Technologie ein Fluch oder ein Segen ist. Der Illustrator und 3D-Designer Mark Gmehling ist fest im letzteren Lager zu Hause und betont, dass Projekte heute am ehesten mit einer Kombination aus traditionellen und modernen Techniken umgesetzt werden sollten. „Technologie kann dir helfen, viel Zeit zu sparen, aber sie wird niemals Papier und Bleistift ersetzen, da sie ein Teil des emotionalen kreativen Prozesses sind, der sich mit Maschinen einfach nicht bewerkstelligen lässt", erklärt er. Seit seiner Kindheit vom Zeichnen fasziniert, lebt Gmehling in Dortmund, reist um die Welt, malt riesige Bilder an Hauswände und stellt seine Illustrationen und andere Kunstwerke in Galerien aus. Egal was er anpackt, jedes Projekt beginnt auf die gleiche Weise – eine Bleistiftskizze auf Papier, die er dann zum Modellieren in Cinema 4D importiert.

„Viele Leute denken: ‚Ich habe zwar noch keine Idee, aber wenn ich das in 3D mache, kann es nur großartig aussehen.’ Das ist aber völliger Unsinn!", sagt er. „Man muss sich in erster Linie darüber klar werden, was man erreichen will, sonst verliert man sich in den Möglichkeiten." Gmehling empfiehlt, traditionell zu denken und die Technik als effizientes Hilfsmittel zu nutzen, um das zu realisieren, was man sich vorgestellt hatte. (Hier sein Portfolio)

Es ist nicht ganz einfach, mit einem Mann zu argumentieren, der ebenso virtuos mit Sprühfarbe an Wänden arbeitet wie in Cinema 4D. Und erst vor Kurzem, nach der Aufnahme in den prestigeträchtigen Art Directors Club Germany (ADC), demonstrierte Gmehling einmal mehr, wie Künstler ihre kreativen Ideen durch Technologie erweitern können, als er die Printkampagne, den Teaser und das Eröffnungsvideo für das ADC Festival 2019 designte. „Es war eine große Ehre, zum ADC eingeladen und einige Wochen später gebeten zu werden, die Kampagne zu illustrieren", erinnert er sich. „Sie wollten, dass ich es mache, weil ihnen der Stil gefällt, für den ich inzwischen bekannt bin, und auch weil ich meinen festen Job im Marketing aufgegeben habe, um mein eigenes ästhetisches Universum zu schaffen, in dem es vor allem darum geht, das Drama des menschlichen Lebens mit sehr abstrakten Figuren darzustellen."

Der 1920 in New York gegründete ADC ist einer der bedeutendsten Fachverbände für die Werbeindustrie. Jahr für Jahr reichen Künstler ihre Arbeiten zur Bewertung durch die Jurys des ADC-Festivals ein; die Auszeichnung gehört zu den begehrtesten im Bereich der Kommunikation. Auf Gmehling wirkt das Event fast wie eine religiöse Verehrung und Anbetung, „eine Art Kirchentag der Kreativbranche", erklärt er. Aus diesem Grund schlug er ein Konzept für eine Kampagne vor, in der Gottheiten die Schlüsselelemente des ADC-Manifests für kreative Kommunikation darstellen.

Ähnlich wie eine eingereichte Idee die Kriterien des Manifests erfüllen muss, um ausgezeichnet zu werden, erklärte er, muss sie bei dieser Kampagne die Prüfung durch die sieben Götter bestehen. Dieser Ansatz wurde zunächst mit einem leichten Kopfschütteln quittiert. „Es war nicht einfach, die Beteiligten von diesem Konzept zu überzeugen, weil es nicht dreist und laut ist, und weil die Typografie den Zuschauern die Informationen nicht ins Gesicht schreit", erinnert er sich. Dank des Vertrauens vom ADC-Vorsitzenden Heinrich Paravicini und der Unterstützung von Burkhard Müller (Mutabor Design GmbH, Hamburg) konnte Gmehling die Verantwortlichen letztlich davon überzeugen, etwas völlig anderes auszuprobieren. „Ich erzähle mit meinen Illustrationen gerne Geschichten, und die Art, wie wir die Kampagne umgesetzt haben, gibt den Leuten die Möglichkeit, jede Illustration im Detail zu erkunden und auf ihre eigene Art zu interpretieren. Warum nicht mal die Aufmerksamkeit der Leute gewinnen, indem man etwas anders macht?"

Gmehling arbeitete von Januar bis Mai komplett allein an Modeling, Texturing, Lighting und Rendering und jonglierte nebenher noch weitere Projekte. Er nutzte eine Kombination aus Cinema 4D und Photoshop für Print und Cinema 4D mit After Effects für die Videos. Global Illumination war das Allheilmittel bei den Print-Renderings, aber auch, um die Videos effizient zu rendern bediente er sich einiger Tricks, darunter Ambient Occlusion und eine Tiefen- Map. „Die Deadlines für die Animation waren sehr knapp bemessen, also musste ich mir eine superschnelle Rendering-Lösung ausdenken", erinnert er sich. „Keine Lichter zu setzen, sondern ausschließlich leuchtende Materialien in Kombination mit Ambient Occlusion, Reflexion und Tiefen-Maps zu verwenden, hat mir letztendlich den Arsch gerettet."

Für Gmehling stehen die Götter als Verkörperung des inneren Anspruchs der Künstler: „Sie sind so etwas wie der Anspruch in unseren Köpfen, der immer Spitzenleistungen von uns erwartet", erklärt er. Dem Manifest folgend gibt es in jeder Szene einen Gott und eine ganze Reihe anderer Charaktere, die in Gmehlings unverwechselbarem Stil gestaltet sind. Eine der sieben Maximen des ADC: Exzellente kreative Kommunikation hat eine Idee, ist klar, überzeugend, perfekt gestaltet, macht Spaß, transportiert das Thema und ist weder rassistisch noch diskriminierend.

Gemessen an den Kommentaren und der Anzahl der bisher verkauften Festivalprints ist das Motiv, in dem exzellente kreative Kommunikation perfekt umgesetzt wird, der Publikumsliebling. Gmehling gefällt es ebenfalls sehr gut: „Wir sehen hier den Gott der Vollkommenheit und unter ihm sind all die Menschen, die die Idee in die Tat umsetzen müssen", erklärt er. „Er hockt da und man sieht jede Menge Blut, Schweiß und Tränen von den Leuten, die im Untergrund die ganze Arbeit machen, einschließlich der Oompa Loompas (aus Tim Burtons Charlie und die Schokoladenfabrik), die ständig das Feuer schüren, um das Herz der Kreativität und Leidenschaft brennen zu lassen. Das symbolisiert auch die Rolle, in der ich mich selbst sehe, nachdem ich durch meine überzeugende ‚Mundarbeit‘ das Konzept in echte handwerkliche Arbeit verwandelt habe."

Viele Leute lieben auch die Szene, die betont, wie wichtig es ist, dass Kommunikation Spaß macht. „Hier geht es darum zu zeigen, wie eine gute und spaßige Idee viral gehen kann, ein wichtiges Ziel der Kommunikation", sagt er und weist auf Achterbahn und Banana Boats, Emoticons, Ballons und die Geschäftsleute hin, die ihre Aktentaschen in die Luft werfen und stage-diven, sobald sie die lustige Idee entdecken.

„Die Leute zum Lächeln zu bringen und sie aus ihrem Trott zu holen, ist eines der besten Dinge, die man als Künstler machen kann”, sagt Gmehling und fügt hinzu, dass er für die Möglichkeit, seine Arbeit zu präsentieren, sehr dankbar war. „Manche Leute glauben immer noch, dass man, sobald man Technologie einsetzt, nur auf den Knopf „Dinosaurier erzeugen” drücken muss, und schon ist er da. So funktioniert es aber leider nicht. Der Ausgangspunkt für gute Gestaltung ist immer ein Verständnis für Kreation und Design. Das muss man sich aneignen und von dort aus weitermachen.”


Author

Meleah MaynardFreie Autorin/Redakteurin – Minneapolis, Minnesota