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Ben 10: Abenteuer in der dritten Dimension Soho-Studio Vincent London verwandelt die bekannte, Emmy-prämierte 2D-Cartoonserie in eine futuristische 3D-Welt.

Ben Tennyson ist ein zehnjähriger Dreikäsehoch mit einem Ominitrix, einem auf seiner Brust montierten Gerät, das es ihm erlaubt, sich in Alien-Kreaturen zu verwandeln um Angriffe von außerirdischen Kräften abzuwehren.

Die Animationsserie Ben 10 wurde erstmals 2006 ausgestrahlt und lief über vier Staffeln bis 2008. Darauf folgten drei Staffeln Ben 10 Alien Force und zwei Staffeln Ben 10 Ultimate Alien. Die vierte Auflage, Ben 10 Omniverse, läuft seit 2012 und geht jetzt in die fünfte Staffel, bei der Ben mit Albedo konfrontiert ist, einem bösen Klon seiner selbst, der von der außerirdischen Rasse der Galvaner erschaffen wurde.

Um die neue Staffel zu promoten, wandten sich Turner Broadcast und Cartoon Network an das im Londoner Stadtteil Soho, dem Mittelpunkt der britischen Medienindustrie, beheimatete Studio Vincent London. Dort wurden drei spektakuläre Spots für die Kampagne realisiert. „Das Projekt war darauf angelegt, Ben und sein Alter Ego in einer Zwillingsstadt-Umgebung zu zeigen“, erklärt Kreativdirektor John Hill. „Wir wollten einen flexiblen, futuristischen Schauplatz für die epischen Kampfszenen zwischen Ben und seinem neuen Erzfeind schaffen."

Die Clips sind eine clevere Kombination aus 3D–Elementen, die in Cinema 4D erstellt wurden, und von Hand gezeichneten, inhouse mit Adobe Flash animierten 2D-Figuren. Das Design war eine der größten Herausforderungen, so Hill. „Die 3D-Welt musste mit dem kultigen Zeichenstil der Ben 10 Serie zusammenpassen und ein flexibles Compositing mit der 2D-Character-Animation erlauben. Die Gebäude und Skylines der Zwillingsstadt mussten die guten und bösen Seiten der Ben 10 Charaktere visualisieren und gleichzeitig einen guten Schauplatz für die Kampfszenen liefern.“ Deshalb wurden die grünen und roten Outfits von Ben und seinem Klon verwendet, um die Farbskala für die Umgebungen festzulegen.

Wegen der dynamischen Kamerabewegungen und Perspektivwechsel musste die Verschmelzung der 2D- und 3D-Teile sehr sorgfältig geplant werden, damit alle Elemente hinterher zusammenpassen. „Wir erarbeiteten für jede Einstellung einigermaßen detaillierte, handgezeichnete Animatics, gefolgt von stärker festgelegten Pre-Vis Animatics“, sagt Hill. „Dadurch waren wir in der Lage, die Interaktion zwischen Ben und der 3D-Szenerie zu synchronisieren und die Gesamtkomposition der Einstellungen sowie das Timing zu planen."

„Cinema 4D erwies sich bei der Umsetzung der Designs für die handgezeichneten Stadtlandschaften als einfach und schnell zu nutzen“, fährt er fort. „Die Software hat uns Zeit verschafft, wenn wir mit verschiedenen Sets und Umgebungen für die Handlung herumexperimentieren wollten."

Einige der 2D-Character-Einstellungen wurden in der Postproduktion mit den Hintergründen zusammengefahren. Hill weist aber darauf hin, dass der überwiegende Teil direkt in 3D gemacht wurde. „Obwohl das Compositing für einige der Shots in Adobe After Effects gemacht wurde, haben wir trotzdem alles mit den 3D-Szenen rausgerendert, um zusätzlich Global Illumination und Schattenpässe zu bekommen. Wir finden: Je mehr du in 3D machen kannst, umso besser werden das Compositing und das Endergebnis.“

Diese Arbeitsweise ergibt Sinn, wenn man sich klar macht, dass die Protagonisten oft subtile Reflektionen erzeugen oder Schatten werfen müssen, zum Beispiel wenn Ben durch Explosionen rennt. Um das zu erreichen, hat das Team Alpha-gemappte Animationen auf eine in der Szene positionierte Fläche platziert und die Animation anschließend angepasst. Danach wurden Reflektions-, GI-, Material-, Diffuse- und Schattenpässe für die Verwendung im Compositing herausgerendert.

Mit stilisierten Explosionen wurde ähnlich verfahren: „ Nachdem wir sie in Flash animiert hatten, haben wir sie in die 3D-Szenen eingebaut und GI-Beleuchtung und Schatten hinzugefügt“, sagt Hill. „Wir haben 3D-Explosionen mit den handgezeichneten 2D-Explosionen gemischt, um die Stile miteinander zu verbinden.“

Eine abstrakte Skyline mit monolithischen Gebäuden bildet den bedrohlichen Hintergrund für die Handlung. „Wir haben diverse Stadtbilder und Designs für die Gebäude gezeichnet, bevor wir uns auf den selbstleuchtenden, futuristischen Stil festgelegt haben, weil dieser für die Umgebung und die Atmosphäre am Besten funktioniert hat“, so Hill „Wir haben hauptsächlich Geometrie verwendet, um die Drahtgitteroptik im Neon-Stil zu erzeugen, weil Wireframe-Rendering einfach sauberere Ergebnisse liefert als Texturen.“

Er ergänzt: „Der simple Stil der Stadt ergänzt den Zeichenstil von Ben 10 sehr gut. Wir mussten vorsichtig sein und nicht zu viele Details hinzufügen, weil sich das Design ansonsten zu weit vom Stil der 2D-Animationen von Ben entfernt hätte.“

Die winkligen Gebäude wurden mit Area Lights beleuchtet, um einen subtilen Glow mit gelegentlich auftretenden Blitzen zu erzeugen, der die Stadt belebt aussehen lässt. Die Hauptbeleuchtung kommt jedoch von einem Netzwerk herumfliegender Würfel, die der Stadt zudem den Eindruck von Größe verleihen. Die Würfel sind einfache, mit Lichtquellen versehene Boxen, die selbstleuchtende Texturen tragen um den Effekt zu verstärken.

Die Beleuchtung war definitiv der härteste Teil des Projekts, gibt Hill zu. „Eine stimmungsvolle Beleuchtung mit flickerfreier GI zu erreichen ist immer zeitaufwändig“, sagt er und fügt hinzu, dass es eine der größten Herausforderung war‚ Details mit mittleren Helligkeiten in einer kargen Nachtumgebung zu erreichen, ohne dabei in einen flachen, grafischen Look abzugleiten.

Selbstverständlich wurde MoGraph für die schwebenden Würfel verwendet – hier und da ergänzt mit etwas händischer Animation und Keyframing, um exakt den gewünschten Effekt zu erreichen. „MoGraph ist vermutlich mein meistgeliebtes Werkzeug“, stellt Hill fest. „Es ist unglaublich flexibel und man kann bei sehr einfachem Szenenaufbau irre komplexe Animationen realisieren.“

In einer Sequenz breitet sich der üble Einfluss des bösen Ben in der Stadt aus und erzeugt dabei riesige, Explosionen erzeugende Risse an den Gebäuden. Das Team verwendete die Cinema 4D Dynamics, um die herumfliegenden Trümmer zu erzeugen und animierte dann von Hand an Boden und Wänden um die Einschlagstellen herum Wellen und Deformationen, um den Effekt zu verstärken.

Die Szenerie im Tron-Stil ist voll mit hellen Objekten und leuchtenden Details. Solche Effekte werden üblicherweise am Besten im Compositing ergänzt, um eine bessere Kontrolle zu haben. „Wir haben dazu den Illumination Pass des Materialsystems als EXR-Dateisequenz in einem linearen 32-bit-Compositing verwendet“, erklärt Hill. „Der Glow Effekt in After Effects erledigt das ganz gut, bei hoher Farbtiefe. In After Effects können sich auch weichgezeichnete Overlays als nützlich erweisen – vorausgesetzt, man geht richtig damit um.“

Um die Shots abzurunden wurden Lens-Flare-Effekte zu den hellen Lichtquellen und Explosionen hinzugefügt. Auch das wurde meist erst in der Post mit After Effects Plugins erledigt, einige sind jedoch echte Blendenflecke, die Vincents Team fotografiert hat, teilweise wurden auch handgemachte Texturen eingesetzt.

Es wurde zusätzlich viel mit der Tiefenschärfe gespielt, um Dramatik zu erzeugen und die 3D- und 2D-Elemente enger zusammen zu bringen. „Meist wurde die Tiefenunschärfe in After Effects hinzugefügt, einige Einstellungen nutzen aber auch die sehr brauchbare Depth-of-Field-Funktion des physikalischen Renderers in Cinema 4D“, sagt Hill.

Die drei Promo-Clips für Ben 10 Omniverse wurden in sechs bis sieben Wochen fertiggestellt. Da gleichzeitig an verschiedenen anderen Projekten gearbeitet werden musste, variierte die Anzahl der Teammitglieder. In der Regel arbeiteten sechs bis acht Leute an der Produktion: zwei bis drei Flash-Animatoren, zwei Cinema 4D Artists und zwei Leute für das Compositing.

Das Team konnte auf vier 12-Core MAC Pros und eine Handvoll i7 iMacs zurückgreifen – tagsüber als Workstations, nachts als interne Renderfarm. „Je nach Komplexität der Einstellung und eingesetzter Render-Engine, konnten wir normalerweise zwei bis vier Szenen pro Nacht rendern“, kommentiert Hill, gibt jedoch gleichzeitig zu, dass er keinen verlässlichen Überblick über die Gesamtrenderzeit hat: „Wir haben sechs Wochen lang jede Nacht gerendert, jede Sequenz wurde aber auch mehrmals geändert, ich bin deshalb nicht sicher, wie lange die finale Version tatsächlich rendert.“

Das Endergebnis rechtfertigt den Aufwand auf jeden Fall. Die gelungene Kombination von 2D- und 3D-Elementen resultiert in drei atemberaubenden Sequenzen mit einer einzigartigen Ästhetik. Kreativdirektor Hill ist entsprechend zufrieden: „Die Entwicklung des Designs, von der handgezeichneten Skizze einer Stadt und einem Ausschnitt aus einer Kampfszene zu einer voll animierten 3D-Szene, war ausgesprochen befriedigend.“


Vincent London Website:
www.vincentlondon.com


Author

Steve JarrattCG Enthusiast/Techn. Journalist – Vereinigtes Königreich