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Artist Portrait: Humberto Rodrigues Der talentierte Artist erschafft mit seinem Studio Petit Fabrik beeindruckende Character-Animationen für Werbung und Industrie in Cinema 4D.

Als Partner und Head of CGI beim brasilianischen Studio Petit Fabrik ist Humberto Rodrigues für außergewöhnliche Charakteranimation bekannt. Vor Kurzem arbeiteten er und sein Team im Auftrag der südamerikanischen Siebenten-Tags-Adventisten an einer App mit dem Namen 18 Histórias [18 Geschichten], einem interaktiven Buch mit biblischen Geschichten.

Um die App zu bewerben, entstanden über einen Zeitraum von fast zwei Jahren mehrere Trailer, die mehr als 180 in Cinema 4D gerenderte Bilder enthalten. Wir haben mit Rodrigues, der schon an zahlreichen internationalen Projekten wie Samsungs ersten Spiel Galaxy 11 mitgewirkt hat, gesprochen. Im Interview beleuchtet er die Arbeit an einem der ambitioniertesten Trailer zur Geschichte von David und Goliath.

H.R.: Wir sind ein kleines Unternehmen, das aus fünf Partnern besteht und ich bin einer davon. Petit Fabrik wurde vor ungefähr sieben Jahren gegründet und ich kam 2011 dazu. Wir arbeiten alle kreativ zusammen, aber jeder hat auch seine Spezialgebiete. Ich habe die anderen Partner kennen gelernt, als ich das Studio besucht habe, um „Hallo“ zu sagen und sie haben gefragt, ob ich Interesse hätte, an einem 3D-Projekt mitzuarbeiten. Es ging dabei um eine Kampagne, welche die Wichtigkeit von Organspenden deutlich macht. Als eine meiner Professorinnen gerade ihren Neffen verloren hatte, erzählte mir später, dass das Video ihr bei der Entscheidung geholfen hat, seine Organe zu spenden. Die Leute denken oft, dass unsere Arbeit nur Unterhaltungszwecken dient, aber ich finde, wir können viel mehr erreichen.

H.R.: Ich mochte Kunst schon immer gerne. Ich bin auf einer kleinen Insel im Amazonas namens Parintins aufgewachsen. Es gab dort keine Kunstschulen, aber jedes Jahr ein Folklore-Festival und die Künstler dort haben sich gegenseitig unterrichtet. Ich habe viel von diesen Leuten gelernt, darunter waren auch ein paar Künstler aus Italien, die eine klassische Ausbildung genossen hatten. Ich habe 2008 meinen Abschluss in Interfacedesign am FUCAPI Technical College in Manaus gemacht und dann an der Päpstlichen Katholischen Universität in Rio ein Aufbaustudium in Animation absolviert. Durch einen meiner Professoren bin ich zur Animation gekommen und ging dann für ein intensives, zweiwöchiges Sommerprogramm an der renommierten Animationsschule Gobelins nach Frankreich.

Diese Erfahrung hat meine Sicht auf CGI und meine Arbeit wirklich verändert. Es passiert schnell, dass man sehr technisch an Computergrafik herangeht und nur darüber nachdenkt, wie man etwas Bestimmtes umsetzen kann. Ich habe dort gelernt, wie wichtig es ist, Ideen reifen zu lassen und die Gefühle zu verstehen, die man vermitteln möchte. Außerdem habe ich erkannt, wie Bewegung Gefühle vermitteln kann und wie Farben für Gefühle stehen können. So wirken Winkel zum Beispiel aggressiver als Kurven. Dieses Wissen ist sehr wichtig für meine Arbeit.

H.R.: Wir haben in der Vergangenheit für ein adventistisches Krankenhaus gearbeitet und einen Animationsfilm produziert, der die Geschichte des Krankenhauses erzählt, dessen Ursprünge auf einem Boot mit Ärzten liegen, die dann in ein kleines Haus umgezogen und von dort gewachsen sind. Wir haben ihnen das Projekt vorgeschlagen und ihnen erklärt, dass wir 3D-Illustrationen produzieren würden, die sich wie E-Books für eine App verhalten. Sie fanden die Idee super. Damals wussten wir noch nicht, dass es zwei Jahre dauern würde, aber wir benötigten viel Entwicklungszeit, um hunderte 3D-Charaktere zu gestalten und mit Illustratoren zu arbeiten, die alles in 2D bemalten, um einen organischeren Look zu erreichen.

H.R.: Der Trailer war etwas ganz Besonderes. Wir haben viel Zeit in das Modeling und die Gestaltung der Charaktere gesteckt. David ist der menschlichste Charakter, den wir je gemacht haben und es war eine große Herausforderung. Unser Modeler gab mir das Mesh von David, das er in Cinema 4D erstellt hatte und ich nutzte die Sculpting-Tools, um die Details hinzuzufügen. Ich gab ihm den gewünschten Look, indem ich Ebenen mit Schmutz darauf gezeichnet habe und viele Haare im Gesicht, auf seinem Kopf und auf seiner Brust erstellt habe. Manchmal sieht man sogar seine Poren.

H.R.: Die Tiercharaktere waren auch eine Herausforderung. Wir haben für jeden Aspekt des Bären viel getestet. Seine Zähne haben ein etwas rötliches Gelb und sie sind transluzent. Das Rig, welches wir für ihn gebaut haben, war sehr filigran, denn wir mussten seine Zunge und Lippen kontrollieren können.

Das Fell des Bären habe ich mit dem Hair-Modul von Cinema 4D erstellt. Es war wichtig, die Dynamics der Haare richtig einzustellen und die Haare richtig zu stylen, damit sie in verschiedene Richtungen zeigen und nicht in die Augen hängen. Das Design ist sehr einzigartig und schön, und wir setzten Reflexionen in die Augen, um den von Katzenaugen bekannten Effekt nachzubilden.

H.R.: Ein Freund von mir arbeitet bei Industrial Light and Magic in San Francisco. Wenn jemand behauptet, Cinema 4D sei für die Charakter-Animation nicht geeignet, erzählt er ihm von mir. Ich würde sagen, dass die Charakteranimation in Cinema 4D schnell und einfach funktioniert, da die passenden Tools enthalten sind, egal ob man in Cinema 4D selbst animiert, oder auf eine Pipeline mit weiteren Tools setzt. Ich finde es gut, dass man die Animation bei der Arbeit mit Rigs in Echtzeit begutachten kann. Wir optimieren unsere Rigs, damit wir viele Charaktere im Viewport darstellen können und beim Animieren trotzdem noch alles flüssig läuft. Außerdem konnten wir es schnell anderen Artists beibringen, die mit uns gearbeitet haben.

H.R.: Wir arbeiten an verschiedenen Projekten, eines davon ist ein längerfristiges Projekt mit dem Namen Lupita. Es geht darin um ein kleines Mädchen, das die Welt der Erwachsenen entdeckt. Das Projekt ist eine Herausforderung, da es nur ein geringes Budget gibt und wir 13 Folgen produzieren, von denen jede sieben Minuten lang ist. Unser Ziel ist es, alles einfach zu halten, aber die Ergebnisse sehen trotzdem sehr gut aus. Das Mädchen lernt in jeder Folge etwas darüber, wie die Welt funktioniert. Die Serie wird im Frühjahr im öffentlichen Bildungskanal von Brasilien laufen.


Humberto Rodrigues ist Head of Animation and CGI bei Petit Fabrik. Der vielseitige und talentierte Artist, Filmemacher und Regisseur verfügt über mehr als 10 Jahre Erfahrung im Bereich CGI. Im Laufe seiner Karriere hat er zahlreiche Projekte für international renommierte Kunden wie Petronas, Oi, Seagate, Philco, Vale, EdgeMakers, Facebook und Samsung realisiert. Neben der Leitung seines Animationsteams bei der Produktion von Content für TV Serien und Games bis hin zu AR und VR Content dreht er außerdem seine eigenen Filme.


Author

Meleah MaynardFreie Autorin/Redakteurin – Minneapolis, Minnesota