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Matte Painting für Dr. Who Wie mit Hilfe von Cinema 4D für Dr. Who eine planetengroße Bibliothek in Szene gesetzt wurde!

"Ich mag es, dass man so unkompliziert mit Cinema 4D arbeiten kann. Man muss sich nicht dauernd um von der Software vorgegebene Arbeitsweise und Prozesse kümmern sondern kann einfach loslegen."

Die britische Erfolgsserie Doctor Who wurde zum ersten Mal seit ihrer ersten Ausstrahlung 1963 mit einem Preis für visuelle Effekte ausgezeichnet. Maxon traf Lead Matte Painter Simon Wicker von Mill TV, der Firma, die hinter den Effekten steht, um zu erfahren, wie Cinema 4D und Advanced Render 3 bei der Produktion eingesetzt wurden.

Ich fing damals an, Titel und Grafiken für Werbespots bei The Mill zu machen, als dort gerade die Abteilung für Filmeffekte (Mill Film) gegründet wurde. Ich habe gefragt, ob ich nicht dort als Matte Painter für Filme anfangen könnte - und ich wurde angenommen. Mein erstes Filmprojekt war gleich ein richtiger Blockbuster - Ridley Scott's "Gladiator". Daneben habe ich auch an Filmen wie "Star Wars Episode II - Angriff der Klonkrieger", "Star Wars Episode III - Die Rache der Sith" bei Industrial Light and Magic, und "Harry Potter und der Gefangene von Askaban" bei der Moving Picture Company gearbeitet.

Da die Bibliothek nicht nur ein Gebäude sondern quasi auch einer der Hauptcharaktere ist war uns schnell klar, dass diese komplett als 3D-Modell angelegt werden musste. Wir brauchten etliche Gebäude die, ergänzt mit zahlreichen kleinen Elementen und Details, direkt ohne nachträgliche Retuschen eingesetzt werden konnten. Wenn also die Bibliothek irgendwo im Bild zu sehen ist sieht man 100% Cinema 4D.

Die Gebäude kommen auf insgesamt ca. 6 Mio. Polygone, was schon eine Menge ist. Derzeit arbeiten wir an Einstellungen, die 3D-Pflanzen enthalten, wo wir bei ca. 18 Mio. Polygonen pro Szene liegen. Das ist eines der Dinge, die ich an Cinema 4D so mag - man ist nicht in Grenzen der Software gefangen. Wenn man für das Fernsehen arbeitet hat man oft nicht genug Zeit, eine elegante Lösung für ein Problem zu finden - da muss man viel mit der heißen Nadel stricken und die Daumen drücken. Bis jetzt hat mich Cinema 4D dabei noch nie im Stich gelassen.

Ja - unbedingt: Die neue Global Illumination des Advanced Render 3-Moduls. Ohne sie hätten wir das Projekt niemals in der Qualität im vorgegebenen Zeitrahmen abliefern können. Die Ergebnisse waren wirklich exzellent. Ich konnte eine 7-Sekunden-Sequenz in 16:9 PAL-Auflösung über Nacht auf meinem 8-Kern Mac Pro rendern lassen - ohne irgendwelche Artefakte zu erhalten.

Allerdings. In dieser Hinsicht konnte ich mich immer absolut auf Cinema 4D verlassen.

In diesem Fall habe ich einmal von innen nach außen gearbeitet. Das kam daher, dass die Filmcrew eine Location hatte, wo sie quasi Innenaufnahmen aus der Bibliothek machten. Diese sahen schon sehr klassisch aus, mit alten Säulen und Holz und so weiter. Die meiste Handlung spielt in den verschiedenen "Verzeichnis-Räumen", die mit langen, mit Büchern gefüllten Korridoren verbunden sind, ab. Also haben wir die existierende Location genommen und das Gebäude quasi drumherum gebaut. Dabei haben wir den Stil und die architektonischen Merkmale aufgegriffen und so einen riesigen Wolkenkratzer geschaffen. Anschließend haben wir weitere Gebäude gebaut, die denselben Stil haben, um den Hintergrund zu füllen. Und dann natürlich noch Elemente wie endlose Wege mit Bücherregalen für den Bildvordergrund.

Wir hatten am Anfang auch die Idee, dass die Gebäude buchstäblich mit Büchern bedeckt sein könnten. Bücherstapel, die bis zum Himmel reichen. Aber wir haben keinen Weg gefunden, den Eindruck von Büchern zu vermitteln, wenn diese millionenfach über große Distanzen zu sehen sind. Also haben wir den eben beschrieben Ansatz weiter verfolgt. Kurz nachdem "Silence of the Library" im Fernsehen lief habe ich mit meinem Sohn den Film "Wall-E" geschaut und gesehen, wie dort alle Gebäude mit Haufen von Müll und Abfall bedeckt waren. Pixar - ihr Schlingel!

Normalerweise arbeiten wir in Zentimetern oder in Metern, je nachdem wie groß die Objekte sind. In einem normalen Raum würden wir beispielsweise Zentimeter als Grundeinheit wählen. Für die Bibliothek haben wir jedoch aufgrund der Ausmaße Meter als Einheit gewählt. Auch wenn wir hier in England sind, verwenden wir das metrische System weil damit Umrechungen einfacher möglich sind und Objekte aus anderen Projekten einfacher wiederverwendet werden können.

Zeit. Die Budgets für TV-Produktionen sind natürlich winzig im Vergleich zum Film, und da Zeit eben Geld kostet, ist die Zeit die man für eine Einstellung hat auch wesentlich kürzer. Aber wir haben bei beiden Formaten denselben Anspruch - wir wollen die Zuschauer mit der Handlung begeistern und mitreißen. Man muss also sehr kreative Lösungsansätze finden, um in kurzer Zeit die Essenz einer Szene in einem Hintergrundbild einzufangen, ohne dass die Qualität leidet. "Silence in the Library" war natürlich eine ganz besondere Herausforderung, da wir der Produktion alle Freiheiten mit den Kameraeinstellungen geben wollten damit die Kameraeinstellungen lebendig wirken.

Nun, zunächst fand ich es einfach extrem spannend, an den Spezialeffekten für Filme mitzuarbeiten. Und dann ist Matte Painting einfach eine sehr direkte Art zu arbeiten und man kann viel experimentieren. Ein bisschen 2D, ein bisschen 3D. Man sieht seine Ergebnisse sehr schnell.

Zwei Dinge. Erzähl die Geschichte, aber dräng Dich nicht in den Vordergrund. Dein Bild muss sich dem gesamten Stil des Films oder der TV-Sendung unterordnen, wie es Regisseur und Kameramann angelegt haben. Passendes Licht, Farbe, Filmmaterial usw. Man muss auch den Grund für jedes Matte Painting genau verstehen. Welche Information muss der Zuschauer in dieser Szene vom Hintergrund vermittelt bekommen? Wie sieht die Umgebung aus und welche Stimmungen werden dadurch beim Betrachter erzeugt? Ich versuche dabei immer, ein Bild absolut fotorealistisch aussehen zu lassen, auch wenn mir die Zeit dabei manchmal einen Strich durch die Rechnung macht. In diesen Fällen muss das Bild aber zumindest der Ästhetik des Filmes entsprechen.

Cinema 4D ist das Hauptwerkzeug für unsere 3D-Matte-Paintings bei Mill TV. Wir nutzen es für all unsere Umgebungen, angefangen bei kompletten echten 3D-Szenen, über Projektionen auf einfache Geometrie in 2,5D bis hin zur Erstellung von einzelnen Elementen, die nachher in 2D Compositings eingearbeitet werden. Unsere Arbeit mit Cinema 4D kann z.B. in "Doctor Who", "The Sarah Jones Adventures", "Torchwood" und "Merlin" gesehen werden.

Meine erste Erinnerung an Doctor Who war der Cliffhanger am Ende der ersten Folge von "Planet of the Daleks", in der Jon Pertwee die Form eines unsichtbaren Daleks mit Hilfe einer Farbsprühdose enttarnt. Ich war damals 5 Jahre alt, und nach dieser Folge war ich wie gefangen - ich habe seitdem keine Folge verpasst. Das Produktionsteam hat Doctor Who immer als Mittel begriffen, die Fantasie des Zuschauers anzuregen. Und die Zahl der Fans der klassischen Serie, die heute selbst an den neuen Folgen arbeiten zeigt, dass dies wohl gelungen ist.

Oh - da gibt es ja eine große Auswahl. Aber meine Favoriten sind ganz klar die Daleks, obwohl es mit den Cybermen, Sonterans und Ice Warriors durchaus gleichermaßen fantastische Kreaturen gab. Und natürlich auch die weniger bekannten Monster, wie etwa die Zygons oder Silurians. Damals hatten sie vielleicht noch nicht die großen Budgets für Spezialeffekte, aber auf jeden Fall hatten die Visual Effect Designer eine Menge guter Einfälle und ein tolles Design für Ihre Kreaturen.

Beim Arbeiten in 3D mag ich das Modelling am liebsten und das Texturieren am wenigsten. Wenn du vor 20 Gebäuden stehst, die alle eine eigene Optik haben sollen, also eigene Farb-, Spiegelungs-, Relief- und Glanz-Texturen - dann kann einem diese Aufgabe schon echt die Laune verderben. Man würde am liebsten eine Maschine sein, die diese Aufgaben ohne nachzudenken einfach abarbeitet. Ich bin jemand, der sich am meisten über das Endergebnis freut und nicht so sehr den Schaffensprozess als beglückend empfindet.

Cinema 4D ist ein Werkzeug für Künstler, also ideal für einen so kreativen Prozess wie das Matte Painting. Ich mag es besonders, wie wenig man bei der Arbeit über die Technik nachdenken muss. Früher konnte man ja auch einfach seinen Zeichenblock herausnehmen und losmalen. Im Prinzip hat Cinema 4D für mich nur Stift und Block ersetzt, aber der kreative Prozess blieb der Gleiche. Andere 3D-Programme, die ich über die Jahre verwendet habe, standen meiner Kreativität mehr im Weg. Ich mag es, dass man so unkompliziert mit Cinema 4D arbeiten kann. Man muss sich nicht dauernd um von der Software vorgegebene Arbeitsweise und Prozesse kümmern, sondern kann einfach loslegen.

Ja - wenn ich ein Matte Painting besonders feinfühlig dem Look eines Films anpassen muss nutze ich Multipasses. Dann rendere ich eigene Passes z.B. für Lichter, Nebel, und Global Illumination, um sie in der Post-Production in After Effects zusammen zu fügen. Meist beginne ich mit einem schlichten GI-Pass, Licht vom Himmel und einem Tiefen-Pass und schaue dann, je nach Situation, ob ich noch weitere Details brauche, um der Einstellung die richtige Stimmung zu geben.

Im Augenblick arbeiten wir an den vier Doctor Who Specials für dieses Jahr und an der neuen Staffel von Merlin.