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Progressive-Rock Fantasy-Welten in Cinema 4D Chris Lavelle gewährt uns einen Blick hinter die Kulissen des Musikvideos zu “Blood on Your Hands” von ILLUMNAE

Das Video zu “Blood on Your Hands” der Londoner Progressive Rock-Band ILLUMNINAE strotzt nur so vor epischen Bildern. Von der einleitenden Kamerafahrt, die auf ein dunkles Schloss zusteuert, bis hin zur abschließenden Montage in einer Kathedrale, ergänzt das Video perfekt die symphonischen Arrangements und stimmungsvollen Melodien des Songs.

Unter der Produktion und Regie von Motion Designer Chris Lavelle wurde das Video über fünf Stunden auf Greenscreen gedreht. Es war Lavelles Aufgabe, all die aufwendigen Sets und Welten mit Cinema 4D, After Effects, X-Particles und Premiere Pro in Szene zu setzen. Das Video zeigt mittelalterliche Armeen, die durch zerklüftete Landschaften ziehen, während um sie herum riesige Gebäude einstürzen, oder massive, von Inception inspirierte Sets, die als Metaphern für den menschlichen Verstand dienen. "Es ist wahrscheinlich ein bisschen Zwanghaft", gibt Lavelle zu. "Aber ich mag es, wenn man das Video an einem beliebigen Punkt anhalten kann und ein tolles Standbild hat. Ich mag kein Füllmaterial.

Lavelle hat jahrzehntelang als Grafikdesigner gearbeitet, aber seine Leidenschaft für Motion Design wuchs, als er auf einen Abschluss in Multimedia und Grafikdesign an der Universität Sunderland hinarbeitete. Noch während seines Studiums begann Lavelle, ein Trophäenregal mit Auszeichnungen zu füllen, darunter ein Adobe Design Achievement Award für ein Musikvideo namens "The Turn of the Screw" und eine regionale Auszeichnung der Royal Television Society.

Obwohl er Motion Design in Maya lernte, wechselte er später zu Cinema 4D. Heute nutzt er C4D, X-Particles und Octane in einer Pipeline, die Ideen so schnell wie möglich aus seinem Kopf auf den Bildschirm bringt. "Cinema 4D ist meine erste Wahl für alles, denn es geht um Ideen und darum, wie schnell man sich diese Ideen vorstellen kann, bevor sie verschwinden. Wenn ich Octane mit Cinema verwende, bekomme ich sofortiges Feedback, und ich kann alles bauen, was ich brauche, um zu sehen, ob es wirklich schnell funktioniert", sagt er.

Trotz all der positiven Aufmerksamkeit betrachtet Lavelle seine Arbeit als Motion Designer immer noch als Hobby. Und diese Denkweise hat ihm geholfen, sein Schicksal bis zu einem gewissen Grad selbst in die Hand zu nehmen, anstatt ständig Jobs hinterherlaufen zu müssen. Lavelle mochte die Arbeit mit ILLUMINAE, einem Duo, das aus Ian Jones von der britischen Band Karnataka und der ehemaligen Solokünstlerin Agnieszka Świta besteht, weil sie seinen kreativen Prozess respektierten und Vertrauen in seine Fähigkeiten hatten. "Ich habe den Job angenommen, weil sie mir diesen Spielraum gaben, und ihr Vertrauen war mir sehr wichtig", sagt er.

Das Konzept hinter dem Video beinhaltete eine Art religiöse Inbrunst - ein Wahnsinn, der das Urteilsvermögen der Menschen übersteigt und ihre Handlungen beeinflusst. Lavelle entwickelte Storyboards mit einem breiten Handlungsbogen und stellte sie der Band vor. Ihre Gedanken trieben die Idee in viele verschiedene Richtungen, mit denen sie alle zufrieden waren. "Meine erste Idee war nicht unbedingt die beste Idee", erinnert sich Lavelle. "Die Geschichte entstand aus diesem Kern einer Idee und wuchs organisch, angetrieben von der Kreativität der Band und ihrer Vision.

Der Live-Action-Dreh fand an einem einzigen Tag an der Universität Sunderland statt, die Lavelle für einen Tag ihr Medienzentrum zur Verfügung stellte. Zusammen mit Jones und Świta drehte er sechs Stunden Green-Screen-Material, das er mit den von ihm vorbereiteten Storyboards abglich und ein traumhaftes Video entstehen ließ. "Ich mag das sehr, weil es nicht real sein soll. Es ist eine ganze Gedankenwelt", sagt er.

Wenn möglich, zieht Lavelle es vor, Szenen in Cinema 4D zu komponieren, anstatt sie herauszurendern und in After Effects zu komponieren. Als Beispiel verweist er auf eine surreale Aufnahme im Video, bei der eine Wasseroberfläche von der Decke in Richtung Świta herunterzudrücken scheint. "Ich finde, wenn man Greenscreen-Material in C4D für Compositing und Rendering nimmt, bekommt man ein viel natürlicheres Gefühl", erklärt er. "Es sind die Werkzeuge, die ich benutze, die mir helfen, die Erzählung organisch zu verbessern, während ich den Prozess durchlaufe."

In einer besonders anspruchsvollen Sequenz fällt Świta von einem Turm ins Meer und die Kamera taucht unter Wasser, um ihr zu folgen. In der Aufnahme ist die Sängerin tatsächlich ein 3D-Modell, das ein Kleid trägt, das mit dem Cloth und Hair Funktionen von Cinema 4D erstellt wurde. Lavelle manipulierte die Dynamik so, dass es aussah, als würde sie unter Wasser fließen und die Blasen, die vom Modell ausgehen, wurden in X-Particles generiert.

Eine der größten Szenen im Video erscheint nur für ein paar Sekunden auf dem Bildschirm, als die Kamera über die Köpfe der mittelalterlichen Ritter in einem Handgemenge fährt. Im Hintergrund fällt eine hunderte Meter hohe Statue zu Boden und zerbröckelt. Lavelle animierte die Ritter im Kampf und verwendete das Voronoi-Bruch-Objekt, um ein Statuenmodell zu zerstören, das er bei Sketchfab erworben hatte. Obwohl die Fertigstellung fast fünf Tage dauerte, ist die Szene nur für weniger als 10 Sekunden auf dem Bildschirm zu sehen.

Auch Lavelles Lieblingsszene geht blitzschnell vorbei. Świta ist kurz zu sehen, wie sie durch einen Korridor krabbelt, bevor das Bild aus dem Blickfeld verschwindet und durch einen anderen Korridor und dann einen weiteren ersetzt wird. Jones, ihr Bandkollege, ist ebenfalls in einem der Gänge zu sehen. Die Idee für die sich drehenden Gänge entnahm Lavelle einem Tutorial und replizierte den Effekt in Cinema 4D. Er hat das Filmmaterial ebenfalls in C4D zusammengesetzt, so dass es aussieht, als würde sie durch den Korridor kriechen.

Am Ende des Videos schreitet Świta dem Tageslicht entgegen durch einen dunklen Tempel, der mit rotgekleideten Gestalten gefüllt ist. Als die Kamera an einem der Versammelten vorbeifährt, sehen wir eine verdrehte Masse aus dickem Draht an der Stelle, an der sich das Gesicht eines Menschen befinden würde. Für Lavelle ist der markante Look, der auf einem Ray-Bounce-Effekt in C4D beruht, zu einem Markenzeichen geworden.

"Es ist eine Anspielung auf meine frühe Arbeit, die ich in alle meine Videos einbaue", sagt er und erklärt, dass, wenn man einen Ray Bounce in ein Objekt setzt, man Strahlen auslöst, die im Inneren des Modells herumspringen und Splines erzeugen. "Sie bewegen sich immer weiter und weiter, und plötzlich hat man dieses skulpturale Durcheinander von Drähten. Ich liebe es und verwende es ständig."

Die Möglichkeit, mit anderen Künstlern zusammenzuarbeiten und gleichzeitig kreative Freiheit zu genießen, ist einer der Hauptgründe, warum Lavelle neben seiner Vollzeittätigkeit als Grafikdesigner immer wieder gerne Nebenprojekte annimmt. "Ich möchte etwas Kreatives machen, ohne die Einschränkungen und den Druck eines traditionellen Auftraggebers", sagt er. "Die Musikindustrie ist dafür großartig, denn die Leute, mit denen man arbeitet, sind auch Kreative. Und dass sie mir vertrauen, ihr wertvolles Material zu repräsentieren, macht alles lohnenswert."


Author

Bryant FrazerAutor/Redakteur – Colorado